Donnerstag, 16. November 2017

16. November 2017 - Rose von Jericho

Meine Rose von Jericho war ein so unscheinbares grau-braunes Knäul und sie sah vollkommen vertrocknet aus, als ich sie bekam.
Daraus soll sich eine olivgrüne Blume öffnen?
Ich konnte, wollte es nicht glauben.

Die trockene Rose von Jericho
Foto: eki

Die Rose von Jericho ist eigentlich gar keine "Rose". Meine Blume ist eine sogenannte "unechte" Rose von Jericho (Selaginella lepidophylla, ein Moosfarngewächs). Ihre Heimat ist in den nordamerikanischen Wüstengebieten (Texas bis Arizona), in Mexico und El Salvador zu finden.

Die echte Rose von Jericho (Anastatica hierochuntica) dagegen ist in Teilen Nordafrikas, in Israel, Jordanien und in der Sinai Wüste zu finden.

In Zeiten großer Trockenheit rollt meine Rose von Jericho ihre Sprossen sehr stark nach innen ein. Übrig bleibt ein kleiner, trockener, toter "Pflanzenball", der allerdings empfindlich ist und vorsichtig beiseite gelegt werden sollte, um der Pflanze nicht zu schaden und ihre kleinen Verästelungen nicht zu brechen. Sie sollte trocken und warm aufbewahrt werden. Da sie sehr widerstandsfähig gegen Trockenheit (und auch Hitze) ist, kann sie über viele Jahre in diesem Zustand erhalten bleiben.

Um die Rose von Jericho zum "erblühen" zu bringen taucht man sie in kaltes Wasser für ca.10 Min. vollständig ein. Danach wird sie für knapp eine Woche lang in einen flachen Teller mit Wasser gelegt. Die kleinen Wurzelreste sollten dabei im Wasser stehen. Das Wasser muß täglich gewechselt werden, damit sie ständig genügend frisches Nass zur Verfügung hat.



Bei ihrem "Auferstehungseffekt" saugen sich ihre Pflanzenzellen mittels des Kapillareffektes fast vollständig mit Wasser voll. Durch diesen rein physikalischen Vorgang quellen die Zellen auf und die Rose kann sich wieder "entrollen". Innerhalb eines Tages zeigen sich ihre "Blätter" in satter olivgrüner Farbe.
Die Rose von Jericho ist wunderschön "erwacht".


Ihr entströmt ein zarter würziger Geruch.
Man schreibt ihr Heilkräfte zu.
Manche Menschen benutzen das Wasser, in dem sie lag, für vielerlei Anwendungen: Als Badezusatz mit ins Badewasser geben, im Haus versprüht soll es alles Böse fernhalten, der Sud der eingeweichten Pflanze soll Krankheiten (Krämpfe) heilen können, ihr Wasser kann für Kompressen benutzt werden.
Unter das Bett gestellt, soll sie das Einschlafen fördern.
Im getrockneten Zustand kann sie im Kleiderschrank Motten fern halten.

Man sollte sie nicht länger als eine Woche im Wasser lassen, da sie sonst schimmelt oder ihr Pilzbefall droht. Anschließend kein Wasser mehr nachgießen, damit die Blume vollständig austrocknen kann. Die Rose verschließt sich nun wieder.
Der Effekt des wieder aufblühens läßt sich beliebig oft wiederholen. Allerdings sollte man die Rose von Jericho erst einmal ca. 2 bis 4 Wochen sehr gut trocknen lassen, ihr anschließend am besten eine Ruhepause von mind. 3 Monaten geben.

Die Rose von Jericho kann von Generation zu Generation weiter gegeben werden, um Glück und Segen zu übergeben.

Viele Sagen und Geschichten, Glaube und Aberglaube ranken sich um die echte Rose von Jericho. Die Legende berichtet davon, daß die Jungfrau Maria bei ihrer Flucht aus Nazareth nach Ägypten auf ihrem Weg die Rose von Jericho fand und das sie diese Pflanze segnete.

Die Kreuzritter brachten sie mit in ihre alte Heimat.
Der Entdecker Gil Eanes brachte sie für seinen Herrn Heinrich dem Seefahrer mit nach Europa.


Samstag, 4. November 2017

4. November 2017 - Joachim Ringelnatz

"Wie ein Spatz am Alexanderplatz - Berliner Orte"
das neue Buch mit Gedichten und Geschichten von Joachim Ringelnatz - erschienen im be.bra verlag, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Matthias Zimmermann.

Link:
be.bra verlag

Joachim Ringelnatz, 1883 geboren, hieß eigentlich Hans Gustav Bötticher. Er wuchs in Leipzig auf. Ab 1901 arbeitete er als Schiffsjunge, bereiste Konstantinopel, Liverpool, Rio de Janeiro und viele andere Orte. Nachdem die Zeit auf See vorbei war, ging er 1909 nach München, wo sich die Boheme jener Zeit traf. Ringelnatz war Kabarettist, Maler und Schriftsteller. Hier in München begann er seine literarische Karriere.
1919 verfaßte er die ersten Gedichte unter dem Pseudonym Joachim Ringelnatz. 1930 zog er endgültig nach Berlin.
Seine Karriere endete 1933, als er nicht mehr auftreten durfte, seine Bücher wurden verboten und verbrannt.

Link:
Ringelnatz Biografie
wikipedia.Joachim_Ringelnatz

Als ich das Buch in den Händen hielt und darin erstmals blätterte, wollte ich es gar nicht mehr weglegen.
Joachim Ringelnatz heute lesen?
Auf diese Frage gibt es für mich nur ein ganz eindeutiges JA!

Dieses kleine Büchlein "Wie ein Spatz am Alexanderplatz"  - zwei Zeilen aus einem seiner Gedichte, das man auf Seite 33 nachlesen kann, - hat mir  nicht nur Spaß gemacht, mich wunderbar unterhalten, sondern mich auch sehr, sehr nachdenklich gestimmt. Gedichte und Geschichten die jetzt so aktuell sind wie einst.
Ein Buch mit seinen Gedichte und Geschichten, die sich nicht haben verbrennen lassen.

Meine Begeisterung für Gedichte von Joachim Ringelnatz steckt im Detail, im überraschenden seiner Reime. Seine Moral - vielleicht ist es auch keine- tanzt wie ein Kobold, Zeile für Zeile.

In diesem Buch lesen ist ein Blick rückwärts, der sich dabei gleichzeitig nach vorne spiegelt. Ach längst vergangenes Berlin, was du doch so aktuell, das auf all den Plätzen und in jenen Straßen mir beim Lesen das eben Beschriebene so nah begegnet.
Wohl dem der sieht, was um ihn herum geschieht.
Um mit Ringelnatz zu sprechen:
"Jede Teilbetrachtung überrascht und belehrt".
Es gilt so vieles noch, was ich  hier lese: "Fasanenstraße: Austern, Sekt, erstklassige Weine."
Wer morgen dort hin ginge fände es, wie beschreiben, vor.
"Häuser werden jetzt unbesehen, telefonisch verkauft".  Noch eine solche Vorgehensweise, die uns schon gar nicht mehr fremd zu sein scheint.

Alle begegnen sie mir in Berlin. Der Arme, der Reiche, der Mürrische, der mir in der Bahn gegenüber sitzt und der alten Dame nicht einmal mehr seinen Platz anbieten mag. Der Betrunkene, der mich nach ein bißchen Kleingeld fragt.
Da schaut mich der Chef an, der von seinem Mitarbeitern ein Übermaß an Arbeitseinsatz erwartet.
Und nicht zuletzt unser Gast in Berlin, dessen Koffer mein Mann netterweise die vier Treppen bis zu unserer Wohnung hoch trägt.