Donnerstag, 31. Dezember 2015

31. Dezember 2015 Ein letzter Tag

Der letzte Tag im Jahr 2015.

Ein letzter Tag unter vielen letzten Tagen. Ein Tag der etwas zu Ende bringt. Der letzte Tag im Urlaub, ein letzter Tag auf der Arbeit, ein letzter Tag zu Hause. Und dann?
Morgen wird ein neuer, ein erster Tag sein. Ein viel versprechender Tag, ein Beginn. Kein Tag kehrt wieder, nicht ein Letzter und auch der erste Tag nicht, niemals. Deshalb ist mir jeder Tag wichtig.

Ich schaue auf den Kalender für das kommende Jahr, auf sein erstes Blatt. Ich sehe ein blau-graues Farbfoto. Schnee liegt auf den Dächern, über den kahlen Ästen der Bäume. Der Dom, mit seiner alles überragenden Kirchturmspitze in der Mitte des Bildes, teilt es in zwei eisgraue Hälften. Da ist sie, die Stadt in der mein Vater zu Hause war. Ein neuer Januar wird ab Morgen beginnen.

Viele Sylvester habe ich erlebt. Zu Hause mit Freunden, auf Partys, privat oder ich bin ausgegangen, mal hier, mal da. Einmal war ich an diesem letzten Tag des Jahres in Berlin unterwegs zu einer Freundin. Wir wollten uns dort bei ihr treffen, um anschließend in einem Brauhaus zu feiern. Die Karten hatten wir uns lange vor diesem Tag besorgt. Ich fuhr mit der U-Bahn, der besten Verbindung zu meiner Freundin. Mehringdamm stieg ich um, in die andere Linie. Da war schon allerlei Partyvolk mit mir unterwegs. Die einen, ein bißchen festlich angezogen wir ich und alle hatte wir Tüten und Taschen dabei, gefüllt mit allerlei köstlichem Essen, mit Feuerwerk, Raketen und Luftschlangen, mit Sekt und süßem Naschwerk. Der Bahnsteig war angefüllt mit lachen. Man rief sich ein:
" Frohes Neues Jahr", zu und ein
"Prost."
Man war einander fremd und doch wieder nicht. Menschen begrüßten sich fröhlich. Von irgendwo erklang Discomusik, die zum Tanzen aufforderte. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Meine Bahn, fuhr ein. Die Türen öffneten sich, noch mehr Partyvolk stieg aus, die Türen schlossen sich wieder. Eine vollbesetzte Bahn fuhr ohne mich aus dem Bahnhof. Ich ließ mich auf eine der Bänke fallen, zu den dort Wartenden, die mit mir vielleicht den Zug nehmen würden, der als nächstes kommen würde. Es war nicht die erste an diesem Abend geöffnete Flache Sekt, die mir mein Banknachbar reichte. Der erste Schluck fühlte sich kalt auf meiner Zunge an und prickelte. Beinah hätte ich die nächste Bahn verpaßt.

Ein anderes mal war ich eingeladen, den letzten Abend im alten Jahr mit Freunden und Bekannten zu feiern. Eine unbekannte Gegend, eine nie zuvor betretene Wohnung waren mein Ziel. Ich klingelte, stieg die vier Treppen nach bis nach oben. Es war seltsam still im Haus. Ich wollte schon umkehren, um mich von draußen zu vergewissern, ob oben in der Wohnung Licht sei und ich willkommen, als die Tür sich öffnete und ich bekannte Stimmen hörte. Zögernd trat ich ein. Tatsächlich, meine Freunde waren schon angekommen. In der Wohnung war es so still wie im Hausflur, keine Musik, gedämpftes Gelächter aus der Küche. Ich stellte meinen mitgebrachten Salat mit zu dem kleinen Buffett, das auf dem Küchentisch aufgebaut war. Dann saßen wir im Wohnzimmer auf dem Sofa, auf den Stühlen aus der Küche, nur im lila-rosa Ohrensessel hatte niemand Platz genommen.
"Laßt uns doch den Fernseher anmachen."
"Nein!"
"Wo ist denn das Radio?"
"Nicht anfassen!"
Eine gute Bekannte meiner Freundin hatte zur Sylvesterfeier hierher eingeladen. Was wir alle nicht wußten, sie hütete diese Wohnung für Freunde, die über den Jahreswechsel in die Karibik geflogen waren. Nichts von all dem, was uns umgab, gehörte ihr. Alles hier war ihr genauso fremd wie uns und sie traute sich nicht, all die Dinge in dieser Wohnung zu benutzen wie ihre eigenen. Ein seltsames Sylvester.
Wir nahmen unsere mitgebrachten Speisen und Getränke mit auf die Straße, suchten uns im Park ein Plätzchen zum feiern. Sie blieb allein zurück, ängstlich in dieser Nacht, es könne sich ein Böller in diese durch sie so wohlbehütete Wohnung verirren.

In diesem Jahr werden wir zur Burg hochgehen, kurz bevor die Uhr die zwölfte Stunde schlägt. Man wird sich treffen, wird Raketen über die Mauer zischen lassen, das Feuerwerk unten im Dorf bis zur Burg hochsteigen sehen und bunte Sterne werden alles hell erleuchten.

Foto: eki
Die Radierung habe ich nach einem meiner Fotos angefertigt. Die Säule mit dem Engel steht im Garten von Schloss Charlottenburg in Berlin.

Was ich mir für das kommende 2016 wünsche?
Gesundheit, das ich die Menschen, die mir lieb sind, ein Stück auf ihrem Weg beleiten kann, neue ferne Länder besuchen und das ich mir alles Gute bewahren kann.

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