Heute ist der 22. Dezember und ich habe alle Geschenke. Vor allem die Geburtstagsgeschenke sind mir wichtig, denn ich bin mit einem Christkind verheiratet. Da ist es wichtig, eine strenge Trennung von Weihnachts- und Geburtstagsgeschenken vorzunehmen. Die zum Geburtstag kaufe ich schon im Sommer. So ist keine Verwechselung möglich. Die Cousine meines Mannes ist ebenfalls an diesem Tag geboren. Ich bin wohl von Christkindern umzingelt!
Das Weihnachten Geburtstag ist, kenne ich nämlich schon aus meinen Kindertagen, hatte ich doch eine Tante, die auch ein Christkind war. Jedes Jahr am Vormittag des Hl. Abend besuchten wir die jüngste Schwester meiner Mutter. Tante Käthe nahm sich Zeit für uns und wir für sie. Es gab Kaffee und Kuchen und sie spielte immer etwas auf dem Klavier. Die halb aufgebaute Krippe unter dem Weihnachtsbaum im Wohnzimmer mußte auf ihre Vollendung warten. Ihr Geburtstag hatte Vorrang.
Wie machen das eigentlich die Anderen, die auch Hl. Abend Geburtstag haben, frage ich mich jedes Jahr.
Noch ein Tipp für eine allerletztes Geschenk?
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Übrigens das beste Heft dieser Art, das ich jemals in den Händen hatte. also, mich hat es restlos begeistert.
In meinem blog ist noch eine Kurzgeschichte von mir zu lesen "Weihnachten ist Geburtstag", in Erinnerung an meine Tante Käthe.
Weihnachten ist Geburtstag
Weihnachten wird Geburtstag sein. Der von Jesus. Und früher feierten wir immer den von Tante Agnes. Tante Agnes ist tot. Jesus auch. Den Geburtstag von Jesus werden wir immer feiern. Den von Tante Agnes nicht, schade eigentlich.
Meine Mutter und Sophia spielen in jedem Jahr zu Angnes‘s und Jesus's
Geburtstag vierhändig auf dem Klavier. Ich finde, daß sie in diesem Jahr besonders schön spielen. Ich versuche, den Schluck Kakao solange im Mund zu behalten, bis der letzte Akkord verklungen ist. Wie in jedem Jahr sitze ich unter der ungeschmückten Fichte. Die ist im Christbaumständer festgeschraubt. Sie riecht nach Wald. Hier ist meine Höhle. Von hier aus kann ich den Gesprächen lauschen.
"Das ist ein Jammer, das mit Bernhard. Ich sehe ihn noch da in der Tür stehen. Wie der Zither spielen konnte! Die Zeit, die kann man eben nicht zurückdrehen“, das ist meine Mutter, die das sagt.
Über die Musik hinweg höre ich deutlich ihre Stimme.
Draußen fällt Schnee. Die Flocken wirbeln am Fenster vorbei. Sie setzen sich weiß und kalt und keck auf die kahlen Äste der Obstbäume. Hier Drinnen ist es warm. Neben der Tür steht das Klavier, auf dem vier Hände die Tasten zum Klingen bringen.
Alles Gute zum Geburtstag.
"Von Bernhard habe ich Zither spielen gelernt", unterbricht Mutter das Klavierspiel erneut.
"Ach, wie konnte der herrlich spielen. Jetzt, wo er nicht mehr da ist, habe ich es aufgeben müssen."
Ich sehe auf gerötete Wangen, in erhitzte Gesichter. Die drei heben die Gläser mit dem Punsch, den Tante Sophia so gut wie keine zubereiten kann.
Wir freu‘n uns, daß du geboren bist und hast Geburtstag heut.
Ich zupfe die goldenen Fransen des Seidenkissens, auf dem ich sitze, zurecht. Ich streiche sie ringsherum glatt, kämme sie anschließend mit den Fingern, bis sie schnurgerade ausgerichtet auf dem Teppich liegen. Ich weiß, was jetzt kommt.
"Der Arthur, der besaß ein Boot. Bei dem lernte Bernhard segeln," erinnert sich Tante Agnes.
"Na ihr wißt schon, Arthur Rosenbaum, der Freund von Bernhard, der später die Farm in Argentinien kaufte. Als Bernhard richtig segeln konnte, nahmen die beiden mich oft mit. Ich kochte für die Männer. Irgendwas aus unserer Speisekammer. Heimlich mitgenommen. Die anderen Gläser rückten wir einfach etwas auseinander. Oder wir schwindelten, im Keller sei wieder eines von den Bohnengläsern hochgegangen. Das merkte keiner. Mit Bernhard wollte ich um die ganze Welt segeln. Er besaß den Segelschein und ich beinah auch. Wenn nur der Krieg nicht gekommen wär. Hinterher war alles kaputt."
Ich kämme Wellenbewegung in die Fransen. Das Weltmeer kommt und geht an den Teppichstrand.
"Welch herzensguter Mensch war Bernhard, wie kein Zweiter."
Jetzt wird der Seegang stürmischer. Goldene Seidenwogen rollen in lang ausholenden Bewegungen an den roten Teppichstrand. Über mir, auf einem niedrigen Tisch, strahlt der Stall von Bethlehem in Gips und Holz. Das Jesuskind in der Krippe streckt seine Arme aus. Die grünen Augen von Maria richten sich voller Gnade auf den nackten Knaben. Ihr Mund ist zu einem roten, wohlwollenden Lächeln aufgemalt. Ich breite mein Taschentuch aus. Ein kleines, weißes Segel im rot-dunklen Meer. Ich nehme das weiße Segel und setze das Kind darauf im Meer aus. Die Wellen tragen es weit fort, bis unter die Anrichte. Hier schwimmt es im ruhigen Wasser einer fernen Welt, weitab von Weihnachten, dem Tannenbaum der Tanten, dem Geburtstag und der Erinnerung an Onkel Bernhard.
"Der Bernhard, der hatte es nie einfach. Aber lachen konnte der, wie kein anderer."
Gleich wird Tante Sophia die Geschichte mit dem Laden erzählen und die drei werden anfangen zu weinen. Das ist immer so an Weihnachten.
"Der Vater schimpfte oft auf ihn, er solle lieber Geld verdienen, anstatt herumzusitzen und Zither zu spielen.
'Bernhard,' sagte ich zu ihm,
'warum gehst du nicht weg. Kannst jederzeit woanders Arbeit kriegen.'
'Wo soll ich denn hingehen Sophia“? fragte er dann.
'Soll ich euch etwa im Stich lassen? Meine drei hier im Haus bei dem Alten. Ich hätte ja keine ruhige Minute mehr“.
Aber erst der Krieg, dann seine Plackerei in der Fabrik und schließlich gar keine Arbeit. Das mit dem Unfall war kein Zufall. Sagt man nicht oft, wenn der Mensch nicht mehr will? Hätten wir beide den Laden aufgemacht, alles wäre anders gekommen. Wir hatten ja das Geld nicht, damals. Und dann war es zu spät."
Die hölzernen Schafe gefallen mir am Krippenspiel am besten. Ich hebe sie vorsichtig, eins nach dem anderen, aus dem Stroh, setze sie auf einen der flachen Holzkeile, die für den Weihnachtsbaum bestimmt sind. Jetzt schwimmen sie auf der Arche Noah über die Sintflut hinweg. So kann ich sie vor dem Ertrinken retten.
Mutter tupft sich die Tränen ab. Sie klappt den Klavierdeckel herunter. Die schwarzen und weißen Tasten schweigen. Der Punsch ist getrunken. Die Gläser stehen ineinander gestapelt auf der Anrichte. Tante Sophia legt die Notenhefte auf das Klavier. Ich stelle die geretteten Schafe in das Stroh um die Krippe herum. Jesus bleibt unter der Anrichte zurück.
Auch im nächsten Jahr wird Weihnachten wieder Geburtstag sein.
mehr Kurzgeschichten unter: www.gegebil.blogspot.com
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